Anteile aufstellen

Anteile können in einer Aufstellung auf eine tief berührende Weise sichtbar gemacht werden, um ihre verborgenen Ursprünge und Wirkungen zu erkennen. In diesem Prozess wird der Anteil – sei es z.B. die Wut oder die Schuld – durch einen Stellvertreter oder ein Symbol verkörpert. Diese Stellvertreter sind Menschen, die eingeladen werden, in die Rolle dieses Anteils einzutauchen und seine Gefühle zu spüren. Es können auch Gegenstände, Bodenanker oder das Systembrett verwendet werden, um den Anteil auf eine kraftvolle und spürbare Weise im Raum zum Leben zu erwecken.

Im Laufe der Aufstellung wird dann oft erlebbar, was hinter diesem Anteil steckt. Vielleicht wird die Wut als Ausdruck von tiefer Verletzung oder als ungehörter Schmerz sichtbar. Oder die Schuld zeigt sich als eine alte Last, die nicht mehr zu tragen ist. Die Aufstellungsleitung sorgt dafür, dass der Anteil seine Stimme findet, ohne dass er sich mehr aufbaut oder destruktiv wird. Dabei wird der Anteil gesehen, anerkannt und nach und nach auch entlastet.

Durch das Erkennen und die Zuwendung zu diesen Anteilen kann oft eine tiefgehende Heilung stattfinden – die Wut wird nicht mehr nur als Zerstörer wahrgenommen, sondern als Signal, das uns etwas mitteilen will. Die Schuld kann ihren Platz verlieren und Raum für Vergebung und Loslassen schaffen. Auf diese Weise wird ein Prozess der inneren Versöhnung und Befreiung eingeleitet.

Wie kann das aussehen?            Am Beispiel von Scham

Wenn die Stellvertreter des Anteils Scham in das Feld einer Aufstellung treten, geschieht dies in einer sehr sensiblen und achtsamen Weise, um die tiefe und oft schmerzhafte Energie von Scham zu erkennen und zu transformieren. Hier ist, wie dieser Prozess schrittweise ablaufen könnte:

  1. Einfühlung in die Rolle: Zunächst wird der Stellvertreter der Scham gebeten, sich in diese Rolle hineinzufühlen – sich vorzustellen, wie es sich anfühlt, von Scham durchdrungen zu sein. Scham ist oft eine Erfahrung, die mit einer starken inneren Zurückgezogenheit oder einem Gefühl der Minderwertigkeit verbunden ist. Der Stellvertreter könnte beginnen, sich klein zu machen, den Kopf zu senken, den Blick zu vermeiden, den Körper zu verkrampfen oder in sich zusammenzusinken, um die Scham körperlich spürbar zu machen.
  2. Präsenz der Scham im Raum: Der Stellvertreter der Scham wird dann in den Raum gesetzt, um diese schmerzliche Energie zu repräsentieren. Oft geschieht es, dass Scham sich isoliert fühlt – sie ist oft mit dem Gefühl verbunden, sich nicht zu zeigen oder gesehen zu werden. Der Stellvertreter könnte sich abseits von anderen aufstellen oder sich unsicher und beschämt fühlen, wenn er den Raum betritt. Die Aufstellungsleitung achtet darauf, dass der Stellvertreter sicher und in einem geschützten Rahmen agieren kann.
  3. Beobachtungen und Gespräche: Der Stellvertreter der Scham wird dann in seiner Position beobachtet. Oft spricht der Stellvertreter aus der Perspektive der Scham, indem er zum Beispiel sagt: „Ich fühle mich wertlos“ oder „Ich will mich verstecken“. Manchmal spüren die Stellvertreter auch, wie eine unsichtbare Wand sie von den anderen trennt. Die Scham lässt sich schwer fassen, doch durch die Präsenz im Raum wird sie greifbar.
  4. Interaktion mit anderen Anteilen: Der Stellvertreter der Scham kann dann mit anderen Elementen oder Anteilen des Systems interagieren. Vielleicht stellt sich ein Stellvertreter der Selbstachtung oder Vergebung auf oder jemand, der Zuwendung symbolisiert. Die Aufstellungsleitung fragt dann behutsam, ob diese Anteile sich der Scham nähern möchten oder was es braucht, damit die Scham gesehen und anerkannt wird. In manchen Fällen hilft es, die Scham nicht weiter zu isolieren, sondern ihr Zuwendung und Empathie entgegenzubringen.
  5. Transformation der Scham: Der nächste Schritt ist oft ein Moment der Veränderung: Der Stellvertreter der Scham könnte nach und nach von den anderen Anteilen gesehen und akzeptiert werden. Vielleicht bekommt er ein Mitgefühl, das er zuvor nicht erfahren hat, oder er erkennt, dass er nicht allein ist. Manchmal kann es heilsam sein, dass der Stellvertreter der Scham ein kleines Zeichen der Anerkennung oder Bestätigung erhält, um den Anteil langsam zu entlasten.
  6. Loslassen und Integration: Im besten Fall findet die Scham eine neue Perspektive. Der Stellvertreter der Scham kann sich etwas öffnen oder ein Stück von sich selbst annehmen, was ihn weniger isoliert und beschämt fühlen lässt. Vielleicht wird er sogar dazu eingeladen, sich von der übermäßigen Last der Scham zu befreien, zu verzeihen oder einfach zu akzeptieren, dass er seine Rolle in der Geschichte des Systems hatte, aber nicht länger sein muss.

Am Ende wird der Anteil der Scham nicht mehr als Zerstörer oder Last empfunden, sondern als Teil eines heilsamen Prozesses, der dazu beigetragen hat, das System wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Dieser Schritt in der Aufstellung kann eine enorme Erleichterung bringen, da die Scham ihren schädlichen Einfluss verliert und sich in einen friedlicheren, akzeptierenderen Zustand transformiert.

Angst als Beginn einer Reise

Angst kann eine kraftvolle Chance sein, wenn wir lernen, sie zu verstehen und mit ihr zu arbeiten. Oft ist sie ein Zeichen dafür, dass wir an einem Wendepunkt stehen – ein Moment, der uns auf etwas Wichtiges hinweist, das wir vielleicht bisher nicht wahrhaben wollten. Sie zeigt uns, wo wir uns aus der Komfortzone bewegen und wo persönliches Wachstum möglich ist. Statt uns von der Angst lähmen zu lassen, können wir sie als Wegweiser nutzen. Sie fordert uns heraus, uns mit den Teilen von uns auseinanderzusetzen, die wir vielleicht lange gemieden haben.

In der Aufstellungsarbeit beispielsweise kann Angst uns dazu anregen, tiefer in unsere eigenen Themen einzutauchen, zu erkennen, was uns zurückhält, und die alten Muster, die uns blockieren, zu durchbrechen. Angst bedeutet nicht das Ende – sie ist der Anfang einer Reise, die uns zu mehr Selbstbewusstsein und innerer Stärke führen kann. Indem wir uns der Angst stellen und ihr Raum geben, kann sie sich von einem lähmenden Gefühl zu einem kraftvollen Impuls für Veränderung und Heilung verwandeln. Sie ist der erste Schritt in Richtung eines freieren, authentischeren Lebens.

Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Ängste oft aus einem Schutzmechanismus heraus entstehen. Die Aufstellungsarbeit kann uns an tief verborgene, manchmal schmerzhafte Themen heranführen – und es braucht Mut, sich diesen Themen zu stellen. Doch genau dieser Mut führt zu Heilung und Befreiung. Die Aufstellungsarbeit schafft einen sicheren Raum, in dem man die Kontrolle behält, während man sich mit den eigenen inneren Prozessen auseinandersetzt. Und selbst wenn die Methode anfangs unverständlich oder herausfordernd erscheint, öffnet sie oft Türen zu Erkenntnissen und Lösungen, die uns innerlich weiterbringen

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